Wenig Schlaf als Statussymbol? Warum wir den falschen Menschen applaudieren

Veröffentlicht am 27. Juli 2025 um 10:48

„Ich komme locker mit fünf Stunden Schlaf aus.“
„Schlafen kann ich, wenn ich tot bin.“
„Wer viel schläft, verschwendet sein Potenzial.“

Sätze wie diese hören wir oft – in Podcasts, auf Konferenzen, im Arbeitsalltag. Und nicht selten werden sie mit einem gewissen Stolz ausgesprochen. Als wäre Schlaf ein Makel. Als wäre Erschöpfung ein Beweis für Produktivität.
Doch so sehr diese Haltung vielleicht bewundert wird – sie ist nicht bewundernswert. Sie ist gefährlich. Für die Gesundheit, für die Leistungsfähigkeit und für die Gesellschaft als Ganzes.

Die stille Bewunderung des chronisch Übermüdeten

In unserer leistungsgetriebenen Welt gilt der Mensch, der mit „wenig Schlaf auskommt“, als besonders diszipliniert, effizient, vielleicht sogar überlegen. Schlaf hingegen wirkt oft wie ein Luxus für diejenigen, die „es sich leisten können“.
Dabei ist Schlaf kein Privileg – sondern ein Grundbedürfnis. Und niemand kommt auf Dauer wirklich mit zu wenig davon aus.

Wissenschaftlich klar: Schlafmangel ist kein Talent

Die Forschung zeigt seit Jahren: Schlafmangel beeinträchtigt Konzentration, Immunsystem, emotionale Stabilität, Stoffwechsel und Entscheidungsfähigkeit. Dauerhaft schlechter oder zu kurzer Schlaf erhöht das Risiko für Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Alzheimer und Stoffwechselstörungen.
Es gibt keine biologische Superkraft, die Menschen vor den Folgen von Schlafmangel schützt. Wer behauptet, nur vier Stunden zu brauchen, merkt oft gar nicht, wie stark die eigene Leistungsfähigkeit bereits eingeschränkt ist – einfach, weil die Selbsteinschätzung bei Schlafmangel ebenfalls leidet.

Kurzfristiger Ruhm, langfristiger Raubbau

Menschen, die wenig schlafen und viel leisten, mögen kurzfristig beeindruckend wirken – aber zu welchem Preis?
Wer seinen Körper und Geist permanent am Limit fährt, verbrennt Ressourcen, die sich nicht so einfach regenerieren lassen. Es ist wie bei einem Motor, der immer auf Hochtouren läuft – irgendwann überhitzt er.
Schlaf ist keine Schwäche. Schlaf ist die tägliche Wartung, die unser Körper und Gehirn brauchen, um langfristig gesund, kreativ und belastbar zu bleiben.

Das große Ganze: Schlaf als Verantwortung

Wer schläft, denkt langfristig. Für die eigene Gesundheit, für stabile Beziehungen, für nachhaltige Leistungsfähigkeit.
Gerade Führungskräfte, Eltern, Unternehmer:innen und Kreative haben eine besondere Verantwortung – nicht nur sich selbst gegenüber, sondern auch als Vorbilder. Wer sich öffentlich rühmt, wenig zu schlafen, sendet ein toxisches Signal: „Nur wer sich selbst ausbeutet, ist etwas wert.“
Dabei ist das Gegenteil richtig: Wer sich Pausen gönnt, wer gut schläft und gut für sich sorgt, zeigt Stärke. Reife. Weitsicht.

Lasst uns den Status quo hinterfragen

Es ist Zeit, die Erzählung zu ändern. Lasst uns aufhören, Schlafverzicht als Heldentat zu feiern. Und anfangen, gute Regeneration als Zeichen von Intelligenz und Selbstführung zu betrachten.
Denn wer gut schläft, hat das große Ganze im Blick – und die Energie, es wirklich zu gestalten.


Fazit:
Wenig Schlaf ist kein Zeichen von Stärke – sondern ein Warnsignal. Echte Leistungsfähigkeit beginnt mit Selbstfürsorge. Und Schlaf ist kein Hindernis, sondern dein stärkster Verbündeter.

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